Semester abroad #8: Meine Zeit als Aupair

 Nachdem ich einige Tipps zum Thema Auslandssemester gegeben habe und andere Blogger ihre Geschichte geschrieben haben, ist es glaube ich Zeit, dass ich erzähle, wie es mir ergangen ist. Denn: ich sehe mich selbst immer noch nicht als Expertin zu diesem Thema, aber ich habe ein paar Erfahrungen gemacht, über die ich hier schon mal mehr oder weniger ausgebreitet berichtet habe.

Alle, die mir schon länger folgen, haben schon das eine oder andere mitbekommen: ich war als Aupair in Paris, habe in den Niederlanden studiert, was ich allerdings nicht als Auslandssemester zähle, da ich selber Niederländerin bin, ich habe mein Praktikum in Brüssel gemacht, ein Auslandssemester in Dänemark und lebe gerade in New York. Und ab Brüssel habe ich darüber auch mal mehr und mal weniger ausführlich hier auf dem Blog berichtet – die Zeit im Ausland war immerhin der Grund, warum ich diesen Blog überhaupt ins Leben gerufen habe. Aber fangen wir doch mal ganz vorne an…

Aupair in Australien

Ich weiß nicht, wann es angefangen hat, aber irgendwann in der Zeit vorm Abitur habe ich mir überlegt, dass ich nach dem Abi als Aupair nach Australien will – ich habe mir irgendwann rechtzeitig eine Agentur gesucht, und gehofft, dass ich eine Familie bekomme. Und das hat dann auch funktioniert – mehr oder weniger. Die Familie, zu der ich letztendlich konnte, war von Anfang an nicht meine Favoriten Familie, aber da die Agentur mir nur zwei Familien zugewiesen hatte und eine schon ab Mai ein Aupair brauchte, blieb nur eine übrig. Und obwohl ich mir nicht sicher war, habe ich zugesagt, immerhin hatte ich der Agentur schon ziemlich viel Geld gezahlt.

Im Flugzeug habe ich mich richtig schlecht gefühlt – überrascht hat mich das nicht, denn schon am Flughafen hatte ich das Gefühl, wenn ich mich jetzt noch einmal zu meiner Familie umdrehe, laufe ich zurück und kann nicht mehr fliegen. Aber ich hatte vorher mit Freunden gesprochen, die meinten, das wäre normal, wenn man das erste Mal weggeht…und außerdem hätte ich mich selbst nicht mehr ernst nehmen können, wenn ich einen Rückzieher gemacht hätte.

Die ersten Tage in der Gastfamilie

Als ich dort war, habe ich mich erstmal gefreut. Die Kinder hatten Plakate gemalt und das ganze Haus dekoriert, auf meinem Bett saß ein Koalabär und die Familie hatte 1.000 Fragen an mich. Ich war eigentlich nur müde und wollte schlafen – aber als ich dann endlich im Bett lag, konnte ich ewig nicht einschlafen. Morgens bin ich richtig früh wach geworden, ein richtiger Jetlag eben, was bei 12 Stunden Zeitverschiebung ja auch durchaus normal ist.

Am nächsten Tag wurde mir dann eröffnet, dass irgendwas mit dem WLAN gerade nicht in Ordnung wäre, deswegen könnte man meinen Laptop gerade nicht freischalten. Ich könnte aber den Computer der Familie nutzen, wenn ich mit meinen Eltern skypen wollte, allerdings stand dann die Gastmutter direkt dahinter, was mich irgendwie verunsichert hat. Außerdem hat die Mutter mir erklärt, dass sich die Situation ein bisschen verändert hat, seit sie den Vertrag unterschrieben haben: sie hatte ihren Job verloren, daher würde sich mein Aufgabenfeld auch verschieben. Sie wollte sich selber mehr um die Kinder kümmern und ich sollte den kompletten Haushalt schmeißen. Und die Gastmutter hat mir dann auch direkt klar gemacht, dass sie erwartet, dass ich das einfach so akzeptiere, und es außerdem genau so gut mache, wie das alte Aupair, die noch dort war: eine Italienerin, die bereits seit zwei Jahren für die Familie gearbeitet hat und davor schon 2 Jahre Aupair in den USA war. Und 10 Jahre älter als ich.

Ich wollte dann mit meiner Agentur telefonieren, weil das war irgendwie nicht der Plan und ich war ziemlich eingeschüchtert und wusste eins ganz genau: in dieser Familie will ich nicht bleiben, zumindest nicht unter diesen Umständen. Aber mir wurde dann gesagt, dass ich die Notfall Nummer der Agentur nicht anrufen könnte, das wäre ja viel zu teuer. Ich habe also nachts heimlich vom Familiencomputer eine Mail geschrieben – da es Wochenende war, allerdings ziemlich lange keine Antwort erhalten.

Die Entscheidung

Nachdem wir am Sonntagabend darüber gesprochen haben, dass ich eventuell erst einmal einen Monat bleiben kann und schaue, wie es mir mit der Situation geht, war ich erstmal beruhigt. Bis am Montagmorgen die Gastmutter meinte, ich sollte mich doch bitte direkt entscheiden, aber sie würde mir eigentlich eh nicht zutrauen, dass ich das Jahr überhaupt schaffe. In dem Moment war das für mich der Schlag ins Gesicht, denn ich war komplett übermüdet, das ganze Auf und Ab der letzten Tage hatte auch Spuren hinterlassen und für mich war klar: hier bleibe ich nicht. Und dann hat die Gastmutter die Agentur angerufen und gesagt, ich würde wegen Heimweh nach hause wollen – worauf ich eine Mail bekam, ich hätte es ja nicht einmal richtig versucht, und von daher könnte man mir jetzt auch nicht mehr helfen. Meine Version der Situation wurde gar nicht beachtet.

Ich habe dann mit meinen Eltern geskypt. Und weil ich mit der Situation komplett überfordert war und von der Argentur keine Hilfe mehr erwarten konnte, haben wir dann gemeinsam beschlossen, dass ich nach hause fliegen sollte. Vielleicht war diese Entscheidung vorschnell, ich hätte noch etwas anderes finden können, vielleicht hätte ich mehr versuchen sollen, aber: ich hatte keine Ahnung mehr, was ich machen sollte. Ich wollte nur noch nach hause, ich war komplett übermüdet und überfordert, kannte niemanden außer meiner Gastfamilie in Australien und hatte auch keine Argentur mehr, die mir hätte helfen können. Die Situation war mir dermaßen über den Kopf gewachsen, dass es für mich in dem Moment keine andere Möglichkeit gab, als die Koffer zu packen und Australien nach sage und schreibe drei Tagen wieder zu verlassen.

Die Tage danach

Wie ihr euch vielleicht vorstellen könnt, habe ich mich extrem mies gefühlt. Obwohl ich wusste, dass ich nichts für das komische Verhalten der Gastmutter konnte, habe ich die Schuld bei mir gesucht. Vielleicht hätte ich doch einfach die Klappe halten und putzen sollen? Dass ich mich so mies gefühlt habe, ist kein Wunder: Jetlag und ein geplatzter Traum sind keine gute Kombination. Ich hatte das Gefühl, komplett versagt zu haben und hatte ein schlechtes Gewissen, habe mich gefragt, ob es nicht alles an mir liegt. Denn: bis dahin hatte ich immer nur von den guten Geschichten gehört, Menschen die im Ausland waren und eine super Zeit hatten – dass etwas komplett schief geht, hört man nicht so oft.

Trotzem war mir direkt klar, dass ich einen Alternativplan brauche. Meine Eltern haben mir direkt vorgeschlagen, ich sollte mich doch noch in den Niederlanden für das Psychologiestudium einschreiben, das ich machen wollte. Aber mir war klar: wenn ich jetzt nicht ins Ausland gehe, dann gehe ich nie wieder. Ich habe ein Profil bei einem gratis Aupair Netzwerk erstellt, alle Daten angegeben – und hatte innerhalb von wenigen Tagen eine Gastfamilie in Paris gefunden.

Bedenken vor der zweiten Chance

Ich hatte ehrlich gesagt Angst, dass alles noch einmal in die Hose gehen könnte. Aber: ich habe mich selbst überrascht. Obwohl meine Eltern auf eine tolle Familie in Amsterdam gedrängt haben, die wirklich super lieb war, habe ich mich für die Familie in Paris entschieden. Und schon zwei Wochen nach dem Desaster in Australien saß ich im Auto und mein Papa hat mich nach Paris gefahren – dieses Mal wollte er sich die Familie lieber selber anschauen.

Die Zeit in Paris war die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe. Ich hatte ein wundervolles halbes Jahr, und wäre auch wirklich gerne länger bei der Familie geblieben. Ich war ein Teil der Familie, mehr eine große Schwester als ein Aupair, ich habe immer noch Kontakt mit meiner Gastfamilie, und ich vermisse die vier Kinder immer noch, obwohl sie jetzt schon so groß sind.

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Das Fazit

Auch, wenn alles schief gegangen ist, habe ich versucht, das beste aus der Situation zu machen. Während meiner Aupair Zeit habe ich einen großen Schritt nach vorne gemacht, und, auch wenn das extrem nach Klischee klingt, habe ich mich selbst irgendwie gefunden. Es hat mir den Mut zurück gegeben, der in Australien verloren gegangen ist – und auch, wenn ich noch einige Zeit gebraucht habe, um über das Drama in Australien hinwegzukommen, bin ich stolz darauf, dass ich trotzdem nach Paris gegangen bin. Die Zeit in Australien hätte sicher cool werden können – aber für nichts in der Welt würde ich im Nachhinein tauschen wollen.

Da dieser Beitrag sowieso schon extrem lang geworden ist und ich den Rahmen hier nicht noch mehr sprengen möchte, werde ich erst nächste Woche vom zweiten Auslandssemester berichten!

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Du lebst im Ausland oder hast das zumindest mal und möchtest deine Erfahrung teilen? Melde dich gerne bei mir, ich freue mich immer, wenn sich andere an dieser Blogreihe beteiligen wollen!

Alex

4 Gedanken zu „Semester abroad #8: Meine Zeit als Aupair

    1. Hallo Michaela,

      Danke für den lieben Kommentar! Ja, natürlich kann mir das niemand mehr nehmen, und ich denke, für mich war die Erfahrung sehr wichtig, denn so blöd die Situation auch war, ich hab echt viel daraus lernen können. Und man sieht ja, wohin es mich geführt hat: mittlerweile lebe ich in New York, zumindest vorläufig, und habe mir damit einen großen Traum erfüllt!

      Liebe Grüße,
      Alex

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