Semester abroad #14: Ausgewandert – Norwegen statt USA

Heute gibt es mal wieder einen Gastbeitrag in der Kategorie Semester abroad: obwohl Janine früher einmal davon geträumt hat, in den USA zu leben, ist sie vor zwei Jahren nach Norwegen ausgewandert. Einfach so.

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Eigentlich wollten Janine und ihr Freund nur sechs Monate in der Nähe von Oslo bleiben, aber daraus wurde dann irgendwie mehr. Und genau darum geht es auch auf Janines eigenem Blog, Aus dem Leben einer Teilzeitvikingerin, geht es um das Leben in Norwegen, aber auch um Serien, Rezepte und alles, was Janines Leben gerade noch so bewegt.

Warum Janine das als beste Entscheidung ihres Lebens sieht, und wie sie sich ihre Zukunft vorstellt, schreibt sie heute in ihrem Gastbeitrag!


Warum ausgerechnet Norwegen?

Hätte man mich als 17 jährige gefragt, ob ich mir jemals vorstellen könnte im Ausland zu lesen – und wenn ja  wo, dann hätte ich ohne zu Zögern mit „Ja, in den USA“ geantwortet. Mein Traumland schon immer, überhaupt und sowieso. Heute bin ich fast 27, und der Plan vom Leben im Ausland wurde vor zwei Jahren in die Tat umgesetzt. Allerdings blicke ich nicht vom Strand in Kalifornien auf den Pazifik, sondern auf den Oslofjord, fürs Großstadtfeeling geht es nicht nach New York sondern nach Oslo (na zumindest für etwas Großstadtfeeling) und der Nationalfeiertag ist der 17. Mai und nicht der 4. Juli.

Wie ihr es nun sicher schon erraten habt, hat es mich nicht in die USA sondern nach Norwegen verschlagen, man könnte fast sagen der Liebe wegen. Meinen Freund lernte ich im Herbst 2009 kennen und auch sehr schnell lieben. Seit er mit 16 Jahren das erste Mal nach Norwegen verreiste, war er in dieses Land verliebt. Später erzählte mir seine Mutti, dass er bereits mit 16 den Wunsch geäußert hatte, einmal in diesem Land leben zu wollen. Aber die nächsten Jahre blieb es dabei, dass er bei Gesprächen über unser gemeinsames zukünftiges Leben nur ab und an erwähnte, dass er mal gern in einem kleinen Haus an einem Fjord leben wolle.

Im Sommer 2013 fiel das Gespräch wieder einmal auf dieses Thema – und wir können beide nicht sagen, was anders war. Aber irgendwie blieb es dieses Mal nicht bei einem „ach, wäre schon schön, könnte man machen“ – irgendeine Eingebung führte dazu, dass wir den Faden weiter spannen und auf einmal ein Plan da war: nächstes Jahr, nach Ende des Wintersemesters, würde es perfekt passen. Wir hatten etwas Geld gespart. Er könnte sich einen Job suchen und ich könnte versuchen eine Stelle für das obligatorische Praktikum in meinem Studium in Norwegen zu finden.

Mein Praktikum in Moss

Unser Plan ging auf. Im Februar 2014 bekam ich eine Zusage: ich durfte ab August 2014 ein Praktikum über 6 Monate im Stadt- und Industriemuseum in Moss (das liegt etwa 50 km südlich von Oslo in der Fylke Østfold) beginnen. Zunächst war ich davon eher weniger begeistert – ein halbes Jahr? Ich muss doch von der Uni aus nur 15 Wochen. Und dann auch erst ab August… so wirklich passte es mir nicht in dem Kram. Aber gut – Lebenstraumverwirklichung bedeutet wohl auch Opfer zu bringen.

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Was ich zu dem Zeitpunkt nicht wusste: Im August 2014 begann das bis zu diesem Zeitpunkt wohl beste Jahr meines Lebens. Ja ihr habt richtig gelesen – aus 6 Monaten wurden 12. Innerhalb weniger Wochen wurde mir klar, dass ich mit dem Platz in Moss das goldene Los gezogen hatte. Hier konnte ich nicht nur die anfallenden Arbeiten in einem Museum erlernen, was meinen Wunsch bestätigte und verstärkte, auch in Zukunft in diesem Bereich zu arbeiten – ich hatte auch die sechs liebenswertesten Kolleginnen, die sich eine junge Ausländerin wünschen kann. Sie nahmen sich Zeit für mich, halfen mir beim Erlernen der Sprache und banden mich überall mit ein.

Zu dem wohl unvergesslichsten Erlebnis gehört wohl ein Ereignis gleich am Anfang meiner Zeit: Im Rahmen von Feierlichkeiten in der Stadt kam es am 14. August 2014 zur Eröffnung einer Ausstellung unter der Leitung des Stadt– und Industriemuseums in einer ehemaligen Arbeiterwohnung. Keine geringeren als das norwegische Kronprinzenpaar, Kronprinz Haakon und Kronprinzessin Mette – Marit, eröffneten diese.  Auch ich durfte diesem besonderen Moment beiwohnen. Es erstaunt mich bis heute, wie volksnah die beiden waren. Es gab ein wenig Sicherheitspersonal – aber ich hätte ungelogen ohne größere Schwierigkeiten zu den beiden hingehen können und sie anstupsen können.

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Nach diesem royalen Beginn wurde es aber nicht weniger abwechslungsreich. Ich durfte mit auf eine Konferenz in Oslo, half beim großen Legofestival (für drei Wochen war unser kleines Museum die Heimat von Millionen von Legosteinen) und unterstütze die Sammlungschefin bei ihrer Arbeit. Ab Januar 2015 durfte ich dann jeden Sonntag im Verk (der Ausstellung die das Kronprinzenpaar eröffnete) als Museumswärterin und Waffelmädchen arbeiten.

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In dem Jahr, in dem ich im Stadt- und Industriemuseum Moss tätig war, gab es nicht einen Tag, an dem ich nicht gern auf Arbeit gegangen bin. Ich habe die Arbeit geliebt, das Beisammensein beim Lunch (auch wenn ich zunächst nicht viel verstand – wenn sechs wortgewaltige Frauen auf einmal anfingen zu reden 😉 Aber es war das beste Hörverständnistraining überhaupt und sowieso) und das Aufeinandertreffen mit Besuchern und Partnern des Museums. Meinen Kolleginnen verdanke ich es, dass ich nicht nur viel über die norwegische Kultur gelernt habe – sondern mich auch schlichtweg in die Norweger verknallt habe. Innerhalb sehr kurzer Zeit wurde mir klar, dass ich meine Zukunft vorerst in diesem Land planen möchte. Nach dem Ende meines Praktikums suchte ich mir einen Job zum Miete bezahlen und bin nun in den Entzügen meiner Bachelorarbeit, die ich über ein Industriegebiet in Moss schreibe. Danach möchte ich im Laufe der nächsten 12 Monate meine Sprachkenntnisse auf ein akademisches Niveau anheben, sodass ich ab 2017 an der Universität in Oslo ein Masterstudium beginnen kann. Wunschfach? Museologie. Ob es mir gelingt, kannst du dann sicher in meinem Blog nachlesen.

Wie es meinem Freund ergangen ist? Sehr gut. Er fand eine erste Anstellung als Nachtwache an einer Tankstelle. Kein Traumjob – aber wenn man neu in einem Land ist und bei Null anfängt, muss man erst einmal nehmen, was man kriegen kann. Mittlerweile hat er die Tankstelle gewechselt und hat sich bis zum stellvertretenden Chef hochgearbeitet. Wir beide haben den Schritt, nach Norwegen zu gehen, nie bereut. Bereits nach zwei Jahren fühlen wir uns hier heimisch. Wir haben uns mit Haut und Haaren auf dieses Abenteuer eingelassen – und wurden dafür belohnt. Wir sind in den vergangenen Jahren beide gereift und  selbstbewusster geworden. Wären wir in Deutschland geblieben, wären wir nie so an unsere Grenzen gegangen. Wir haben gelernt, was es heißt Ausländer zu sein, haben die Scheu davor verloren auf fremde Menschen zuzugehen und wir haben auch gelernt, dass der Unterschied zwischen Menschen trotz aller kulturellen Unterschiede am Ende nicht sehr groß ist. Ich kann es jedem nur empfehlen einmal in seinem Leben, es muss ja nicht gleich für immer sein, für einige Zeit in einem anderen Land zu leben.

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Vielen Dank liebe Janine, dass du auf menem Blog deine Geschichte erzählt hast!

Du warst auch im Ausland, und möchtest gerne einmal darüber schreiben? Oder du hast bestimmte Fragen zum Auslandssemester? Dann lass doch einfach einen Kommentar da!

 

Alex

5 Gedanken zu „Semester abroad #14: Ausgewandert – Norwegen statt USA

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